Warum Kreuder immer wieder
entdeckt werden sollte

1946 wird Ernst Kreuder von Alfred Andersch im Ruf als "die erste große Hoffnung der jungen deutschen Literatur nach dem Kriege" begrüßt. 1953 erhält er den Büchnerpreis, einige Jahre später ist er recht vergessen. Und schreibt beharrlich bis zu seinem Tode 1972 weiter seine irgendwie querstehenden längeren und kürzeren Texte.

Kreuder ist ein Autor, der in ganz unterschiedlichen politischen Zeitläuften immer eigentlich nur eins wollte, nämlich schreibend mitzureden und gegenzuhalten, so schon in der Weimarer Republik, so von einer Randstellung in der Mühle, in der er bei Darmstadt wohnte, während des NS, so nach Krieg und Kriegsgefangenschaft in der unmittelbaren Nachkriegszeit, so in den "langen" 50er Jahren, so auch um 1968 herum.

Einige Tage vor seinem Tod im Dezember 1972 schreibt Kreuder in einem Brief an seinen Freund Karl- Heinz Deschner:

"Bei der Fernseh-Nobel-Feier am Sonntag [...] packte es mich tiefer: man hat mir Unrecht getan. Ich hab gegeben, was wenige konnten, mit Müh und Geduld, in meinen vergriffenen Büchern. War mir arg. Mir wurde bang. Nächstes Jahr 70, und man wird nicht erwähnt, man soll noch immer Brötchen verdienen müssen.-"

Den Nobelpreis 1972 erhielt bekanntlich Heinrich Böll, weniger bekannt ist, dass Kreuder und Böll freundschaftliche Beziehungen unterhielten. Zeitweise befreundet war Kreuder auch bspw. mit Jahnn, Nossack, Arno Schmidt, Deschner, und inzwischen vergessenen (aber ebenfalls wiederzuendeckenden!) Autoren wie Horst Lange und Emil Belzner. Schon das Hinweis darauf, dass irgendwas an ihm drangewesen sein muss:

Kreuder

"man hat mir Unrecht getan." Von hier soll ausgegangen werden, allerdings auch nachfragend: - "wirklich?"

Bemerkenswert sicherlich, dass die germanistische Literatur-
wissenschaft sich um Kreuder bislang nur wenig gekümmert hat. Allerdings scheint das Interesse zuzunehmen.

Bemerkenswert auch, dass Kreuder weiterhin einen treuen Leserkreis immer wieder neu zu gewinnen scheint.
Die Beschäftigung mit Texten wie Autor wirkt ansteckend, so unsere Erfahrung.

Bemerkenswert schließlich, dass das Netz inzwischen voller Seiten zu (halb-)vergessenen Autoren ist - wo mit diesen Autoren ohnehin kein Geld zu machen ist, entstehen hier anscheinend eine neue Kommunikationsformen des Archivierens wie des Sich-Austauschens. Hier darf - unserer Meinung nach - Ernst Kreuder nicht fehlen.

Aufruf zur Mitarbeit

kreuder